Und das Problem heisst ehrensenf.de, der bekannteste deutsche Videopodcast, von Spiegel Online syndiziert und von diversen Ahnungslosen mit Preisen überhäuft. Ehrensenf ist nun bei der Blogsuchmaschine Technorati schon etwas länger auf dem Weg nach unten, und auch laut Alexa scheinen die Zeiten des unbegrenzten Wachstums erst mal vorbei zu sein. Natürlich muss man sehr, sehr vorsichtig mit solchen Zahlen sein, aber es scheint, als seien Moderatorin Katrin Bauernfeind und die Agentur Ravenrocker an eine Grenze gestossen, trotz der hohen Aufmerksamkeit, derer man sich durch die Medien von FAZ bis Raab erfreute.

Nun könnte man dennoch zum grossen Erfolg gratulieren, den Ehrensenf laut Pressemitteilung mit 800.000 Visits und 2,5 Millionen Page Impressions pro Monat eingefahren hat. Ob das “harte Zahlen” wie etwa bei Blogscout oder weiche Zahlen wie die eigene Serverstatistik sind, weiss ich nicht, nach Eigenangaben war auch schon mal von 3 Millionen Page Impressions die Rede, aber für Blogverhältnisse ist Ehrensenf gross. So, wie es jetzt mit Kathrin ist.

Letzte Woche war Berlinale, und da war Ehrensenf anders. Vor der Kamera war eine gewisse Saskia Delando, und damit ein weiterer Versuch, die altbekannte Moderatorin kurzfristig zu ersetzen. Denn Katrin Bauernfeind miderierte aus Berlin die 3Sat-Zusammenfassung und gleichzeitig den Podcast zur Berlinale. Zum ersten Mal konnte man also vergleichen, was Ehrensenf ohne seine berühmte Moderatorin und dieselbe ohne das bekannte Sendeumfeld ist. Und das Ergebnis ist nicht gut.

Denn “die Neue” hat eben genau nicht den typischen Ehrensenfeffekt. Allein schon, weil die meisten Zuschauer ohnehin nur gucken, weil sie zur bekannteren Moderatorin ein Verhältnis haben, das man am besten mit psychoanalytischem Vokabular umschreiben sollte. Zumal es der Ersatzmoderatorin, wie schon ihren erfolglosen Vorgängerinnen, an der extensiven Mimik und Gestik fehlt, mit der Frau Bauernfeind zur Marke geworden ist. Zu steif, zu nüchtern, keine Rampensau, es fehlt die Anmache durch die Kamera, die meines Erachtens der Hauptgrund für die männlichen Zuschauer ist, täglich wieder reinzuschalten. Ein wenig so, als hätte man Charlotte Roach Roche durch Sabine Christiansen ersetzt.

Umgekehrt bleibt von Katrin Bauernfeind auf 3Sat nichts übrig, als eine durchschnittliche Moderatorin: Dröge Interviews, die Kamera viel zu weit entfernt vom gesicht, keine spielerischen Elemente. Das geht, aber es funktioniert nicht richtig. Ich wage zu behaupten, dass sie letztlich allein von dem knappen Wortwitz und der direkten Zuschaueransprache, der rauchigen Stimme, der hochgezogenen Augenbraue und dem Muttermal lebt – geht man weg vom Close-up und gibt ihr einen normalen Moderationstext, bleibt von der gesamten Marke “Katrin” nur die Stimme übrig, und selbst die ist von ihren Ausdrucksmöglichkeiten a la Ehrensenf deutlich unterfordert.

Kurz – Ehrensenf und ihre Moderatorin funktionieren nur miteinander. Sie sind eine Marke, ein selbst geschaffenes Genre und eine festgefahrene Rolle. Die nicht mehr so toll wie früher läuft. Der Tag, an dem sich ihre Wege trennen, wird sicher auch der Tag sein, wo neuer Ersatz bei Ravenrocker und die Öffentlich-Rechtlichen bei der Moderatorin Schlange stehen werden – und ich wage vorherzusagen, dass es auch der Tag der Entzauberung von Beiden sein wird.