Es gab da vor ein paar Tagen bei Johnny Haeusler, der bekanntlich eines der grössten deutschen Blogs betreibt, diesen Eintrag. Er hatte eine Information, hat sie auch gebloggt – und sie dann nach ersten Anfragen der Medien zurückgezogen. Im Kern wohl, weil seine Kinder davon betroffen gewesen wären und er den Medien und dem, was sie daraus gemacht hätten, nicht über den Weg getraut hat. Konkret ging es um eine wenig intelligente Einlassung von Berlins regierendem Bürgermeister Wowereit, den Rest mitsamt Springerpresse und Hauptstadtbüro des Spiegels kann man sich denken, wenn man etwas Ahnung von deren Auffassung zu Hetzjohurnaillentum hat.

Nun ist es tatsächlich so, dass man Informationen auf diverse Arten verfälschen und unterdrücken kann. Man kann Johnny vorwerfen, dass er eine Schere im Kopf hat, man könnte auch sagen, dass er gewissermassen bloginformationellen Selbstmord aus Angst vor dem Tod durch die Gossenschreiberlinge begeht. Sollte die Information allerdings brisant genug gewesen sein, verzichtet er damit freiwillig auf eine ganze Menge – höchst fragwürdiger – Publicity. Trotzdem würden gewisse Scharlatane des Blogbusiness keine Sekunde zögern, den Medien mit Informationen die kotigen Schaftstiefel zu lecken.

Man könnte es sich natürlich leicht machen und sagen, dass Informationsfreiheit auch die Freiheit beinhaltet, Informationen nicht zu bringen. Wenn Medien erst mal in eine gewisse Richtung Fahrt aufgenommen haben und plötzlich umdenken müssen, weil ihr Spin angesichts der Realität nicht mehr zu halten ist, wird diese Freuheit anstelle eines Kurswechsels gern in Betracht gezogen – allein, so einfach ist es nicht. Was man tun kann, ist letztlich immer nur eines: Abwägen. Es ist natürlich schwer, die Folgen so einer Geschichte abzuschätzen, und meistens haben Medien weniger “Impact”, als man gemeinhin glaubt – aber tatsächlich zieht die Freiheit der Information auch die Verpflichtung nach sich zu überlegen, was man damit tut.

Um mal ein Beispiel aus meiner eigenen Arbeit zu nennen: Ich habe hier Photos, die Mitarbeiter einer Firma bei einem Verhalten zeigen, das meines Erachtens nicht mit gewissen Gesetzen vereinbar ist. Ich habe dazu auch mündlich weitergetragene Informationen, die weniger die Abgebildeten, als vielmehr die Leitungsebene als eigentliche Verursacher schwer belasten. Wenn ich nun diese Bilder bringe, wird zweierlei passieren: Die nicht sichtbare Leitungsebene wird es auf die Mitarbeiter abwälzen – und sie allein im Regen stehen lassen. Und wenn meine Informanten dann Angst bekommen, stehe ich ebenfalls allein da.

Aber wie es nun mal so ist: Manche Torpedos sind im Informationsgeschäft dann am besten, wenn sie nicht abgefeuert werden. Man kann es für unmoralisch halten, und oft ist es nicht weniger als blanke Erpressung, aber es ist nun mal gängige Praxis, mit einem unveröffentlichten Mehr an Wissen andere unter Druck zu setzen in der Hoffnung, dass sie strategische Fehler machen. In diesem Bereich mit seinen Versuchsballonen, dem zielgerichteten Vermuten, dem Provozieren falscher Dementis und der Präsentation der klaren Lüge liegt die eigentliche Schwierigkeit der Beurteilung derartiger Vorgehensweisen.

Und im Vergleich dazu ist eine offene Erklärung der Lage bei Johnny zwar sicher nicht der geniale Ausweg aus einem Dilemma, der alle gleichermassen zu ihrem gerechten Lohn bringt, aber immerhin vielleicht sowas wie die am wenigsten schmutzige Lösung für ein Problem, das man an einem anderen Tag besser wird lösen können. Denn es ist ja nicht so, dass die Information verschwunden ist.