Was dem Chefredakteur sein informelles Gespräch mit dem Unternehmer im Luxushotel ist, gibt es auch in der Low End Ausführung für die vielen “freien” Autoren und Praktikanten, die auch mal was anderes essen wollen als immer nur Fritten und Bockwurst: Der sog. “Medienevent”. Das sieht dann so aus, dass eine “medienagentur prollpunkt2.0” Einladungen verschickt, die erst mal lässig klingen: Keine Pressekonferenz, nein, man hat einfach Interesse, Medienpersönlichkeiten in angenehmem Rahmen kennen zu lernen. Meistens gibt es dann einen Vortrag irgendeiner “wichtigen Person”, und anschliessendes Networking beim Fingerfood in einem Hotel und Umfeld, mit dem allenfalls geschmacklose Pleitiers und andere Midlifecrisisopfer öffentlich angeben. Die gleiche “medienagentur prollpunkt2.0” schickt auch Einladungen an Firmen – aber wer da kommen will, muss dafür zahlen, auf diese Weise Zugang zu Medienvertretern zu bekommen. Dieses lausige Spiel der alltäglichen Korruption hatte in der New Economy seinen Höhepunkt, bevor viele Journalisten gefeuert wurden und sich in der Folge als Teilzeit-PR-ostituierte sich und ihre Medien direkt an Firmen verkauften.

Aber es gibt ja noch Blogs. Und damit einen Zukunftsmarkt für derartige Veranstaltungen, dachte man sich wohl bei der PR-Firma Vanksen Group und kratzte an den Toren der Blogosphäre – und zwar gleich nach ersten Erfahrungen in Frankreich jetzt auch in Luxemburg. Nicht kleckern, sondern klotzen war wohl die Devise bei einer Veranstaltung namens “Blogdelux”:

Dear Blogger,
We invite you to join us for a drink with other bloggers from Luxembourg Saturday 27 of January : http://www.blogdelux.lu
If you’d like to have a drink and meet some of the 150 bloggers (yes 150!) in Luxembourg during the first bloggers meeting in the region, just join us…
Don’t hesitate to spread the word and tell the bloggers you know to join…
You can adopt a banner (by copying and pasting the code) to put on your blog to help us promote this event : http://www.culture-buzz.com/banners.php3?id_ban=915 (you need to scroll a bit down to find the code of the banne to copy and paste).
If you have ideas, suggestions or want to help, feel free to contact us…

Das Problem: Man hat die Mail an Leute geschickt, die das nicht so prickelnd fanden. Denn wie sich schnell zeigte, sollten die eingeladenen Blogger die Kulisse für eine Veranstaltung sein, die etwas anders angelegt ist, als die Einladung verkündete:

Zwei Experte aus Culture Buzz werden ebenfalls anwesend sein, um einige Ratschläge zu geben und auf Ihre Fragen zu antworten. In einem kleinen Vorführraum mitten im Etablissement, gemütlich und leicht zugänglich, werden Diskussionen rund um die folgenden Themen stattfinden:
Was stellt das Phänomen des Blogs heute dar?
Blog und Berufsleben
Wie kann die Sichtbarkeit eines Blogs verbessert werden?
Vergleich zwischen unterschiedlichen Plattformen
Wie kann ein Blog geselliger gestaltet werden?

Aufgedeckt wurde das hier in FireballŽs Weblog. Hinter dem angeblich nicht kommerziellen Blogdelux und Culture Buzz verbirgt sich die auf Viral- und Blogmarketing spezialisierte Fima Vanksen Group. Und weil inzwischen ein gewisses erbostes Geraune aus diversen Blogs in Luxemburg zu vernehmen ist, die sich offensichtlich nicht als Blogvieh für einen PR-Event missbrauchen lassen wollten, ging die Geschichte mit dem Kommentar eines Verantwortlichen weiter:

– De Nils, deen zum Blog culture-buzz.com (virun 3 Joer gegrennt, mat 165.000 page views pro Mount) bäidréit, an eis Platform mat 1500 Blogger aus 16 Länner, déi säit engem Joer existéiert, géréiert. Hien huet, ennert aanerem, bei der Organisatioun vum Treffen vu der Chaine France24 mat 12 vun deenen bekanntesten internationalen Blogger, wéi Rocketboom (6 Milliounen PV / Dag, éischten vlog op der Welt), Robert Basic (een vun den éischten däitschen Blogger), Luca Conti (Top 3 aus Italien), … bäigedroen.

ZU deutsch: Emmanuel Vivier beruft sich hier als Referenz hier auf die Teilnahme bekannter Blogger wie Robert Basic an vorhergehenden Veranstaltungen. Robert wurde von diesem Vorgehen nicht informiert, hat auf Nachfrage aber kein besonderes Problem, hier als Referenz genannt zu werden. Kann man so sehen. Für Journalisten wäre so ein öffentliches Einsortieren als Referenz für derartige Fress- und Hullygully-Events nicht wirklich eine Empfehlung. Vor allem, wenn es für Vivier und seine Freunde damit auch nicht besser wird. Im Gegenteil: Wer sehen will, wie eine PR-Firma in ihrem eigenen, durch virales Marketing verursachtes Lügengebilde zappelt, wenn Blogger zu deren Verhalten kritische Fragen stellen, kann drei weitere Akte betrachten:

– Ein wenig tiefer in den faulen Zahn der PR-Agentur bohren…

– Dann beim Bohren langsam an die Nerven kommen, es sirrt, es, wird heiss, es spritzt der Eiter derer, die eigentlich ein Bierchen mit dem Arzt trinken wollten…

– Und dann schreien sie! Autsch! Das hat wohl weh getan!

Und alles ohne Vollnarkose, und es ist noch nicht mal die Zange angesetzt. Ja, mit Journalisten war das einfacher. Lustig auch die Versuche der PRler, das Thema jenseits der deutschen Sprachgrenze zu halten. Man sollte sich dennoch die Namen der Akteure merken, falls sie auch nach Deutschland kommen: Emmanuel Vivier, eine gewisse “Lola2luxe” und “Paulo Lobo”, die für sich für diesen Event engagieren und schon ziemlich nah dran am Fakebloggen sind, Blogdelux.lu, Vanksen Grup, Culture Buzz. Denn für Blogger wie für Journalisten gilt: “There is no free Curry Wurst”. Man zahlt immer für das, was einem PR-ler “schenken”. Sonst würden sie es nicht tun. Und am Ende ist man Vorzeigeobjekt für Leute, denen die Hosen runtergelassen wurden.

Erinnert sich vielleicht jemand noch an das Ende von Rudolf Scharping und den Zusammenhang mit dem PR-Mann Moritz Hunzinger?