Der Gründer des wegen einer Menge unschöner Geschichten kritisierten Studentennetzwerks StudiVZ Ehssan Dariani betreibt die Webseiten voelkischerbeobachter.de und voelkischer-beobachter.de. Auf diesen Webseiten hat er im Juli 2006 mit einer nachgeformten Seite des originalen Nazizeitung zu seinem Geburtstag eingeladen. Es hat seit dem Bekanntwerden der Vorwürfe über eine Woche gedauert, bis sich Dariani dazu im Blog von StudiVZ äussert: Gemacht hätte die Parodie ein Praktikant, es wäre nur ein Witz gewesen, jüdische Gäste seiner Geburtstagsparty hätten sich daran nicht gestossen. Humor sei der beste Weg, gegen Nazis zu kämpfen, und zu dieser Überzeugung haben ihn das Deutsch-Perser seine eigenen Erfahrungen gebracht. Titel:

Vom “Völkischer Beobachter” und dem Versagen der Deutschen in Umgang mit ihrer Vergangenheit, ihrer Identität und folglich mit der Integration

Sich selber sieht Ehssan Dariani nicht als rechtsextrem oder einfach nur auf der falschen Bahn, nein, im Gegenteil, er behauptet (alle Hervorhebung von mir):

Mitunter hatte ich auch längere Gespräche mit einem führenden Vertreter der Gruppe “Jewish Anti-Defamation League”.

[Edit: In einem Kommentar wird darauf hingewiesen, dass es bei StudiVZ intern eine Gruppe namens “Jewish Anti-Defamation League” gibt. In Darianis Beitrag ist sie allerdings weder verlinkt noch als StudiVZ-Gruppe kenntlich gemacht. Nachdem es bei StudiVZ nach Eigenangaben 180.000 Gruppen gibt, ist es m. E. wenig wahrscheinlich, dass die Kenntnis dieser Gruppe bei StudiVZ-Teilnehmern, geschweige denn bei unbeteiligten Betrachtern als bekannt vorausgesetzt werden kann. Sollte es so gemeint gewesen sein, bedaure ich meine Fehleinschätzung – und dann geht die gleiche Argumentation 3 Absätze weiter unten weiter.] Ehssan Dariani lügt. Edit: Der dadurch entstehende Eindruck ist falsch. Er kann keine Gespräche mit diesem führenden Vertreter gehabt haben, weil es die “Jewish Anti-Defamation League” nicht gibt. Es gibt die Anti Defamation-League, die zwar aus einer jüdischen Gesellschaft hervorging, sich aber nicht allein um jüdische Belange kümmert. Von jemandem, der mit einem “führenden Vertreter” der ADL gesprochen haben will, sollte man erwarten, dass er zumindest deren Namen kennt. Aber schauen wir uns diesen “führenden Vertreter” mal etwas genauer an. Die ADL ist in den USA beheimatet.

Ehssan Darini dagegen kommt aus Kassel. Dort gibt es keine Vertreter der ADL. In Göttingen, wo er nach dem Gymnasium in Kassel Mathematik und Physik studerte, gibt es keinen Vertreter der ADL. In St. Gallen, wo Dariani studierte, gibt es keinen Vertreter der ADL. In Leipzig, wo er nach dem Studium wohnte und die URL voelkischer-beobachter.de registrierte, gibt es keinen Vertreter der ADL. Und in Berlin, wo er jetzt ist, gibt es Vertreter der ADL nur, wenn die mit den offiziellen Stellen reden. Ich weiss das, denn ich war 2004 beim Auftritt des ADL-Chefs Abe Foxman in Berlin dabei. Da gibt es keine Chance, sich mal eben mit irgendeinem Studi zu treffen und längere Gespräche zu führen. Es gibt übrigens auch keine führenden Vertreter der ADL in der Nähe seiner europäischen Aufenthaltsorte wie etwa in Frankfurt, Basel oder Zürich.

Es gibt in Europa eine einzige Stelle der ADL – und die ist in Wien. Und wird betrieben von der Lauder Foundation. Wollte Ehssan Dariani also mitunter mit einem führenden Vertreter der ADL gesprochen haben, hätte er schon in Wien in der Spiegelgasse 21 bei der Lauder Foundation auflaufen und dem dortigen Repräsentanten reden müssen. Ist etwas über häufige Reisen von Dariani nach Wien bekannt? Was der Vertreter dann wohl zu Ehssan Dariani sagen würde?

Denn am 6. Oktober erschien in der Netzeitung dieses Interview mit dem StudiVZ-Gründer Ehssan Dariani, und darin die Frage:

Netzeitung: In ihrem Portal gibt es Gruppen, in denen sich Studenten mit gemeinsamen Interessen austauschen können. Eine Gruppe heißt «Kritiker der Politik des Zentralrats der Juden». Das dazu gehörige Bild zeigt einen Geparden, der eine Antilope reißt – ziemlich geschmacklos. Wie wollen Sie mit 30 Mitarbeitern die Inhalte von über 600.000 Studenten kontrollieren?

Dariani: Die genannte Gruppe kenne ich nicht. Es gibt aber viel weniger schwarze Schafe als angenommen. Im Falle eines Falles reguliert sich die Gemeinschaft selbst. […] Wir dürfen Meinungen nicht zensieren, auch wenn sie uns persönlich nicht passen. Die Grenzen setzt der Gesetzgeber. Es gibt bei uns eine liberale Atmosphäre – aber kein Appeasement.

Gestern nun in seinem Blogeintrag behauptet Dariani:

Schon vor längerem habe ich bspw. in meiner Gruppe “Freunde jüdischer Kultur und Israel” eine Diskussion angestossen, was mit sehr-rechts-lastigen Gruppen im VZ geschehen soll.

Ach wirklich? Das muss aber eine sehr lange Diskussion sein. Bis heute liest man unverändert bei der besagten Gruppe, die Dariani spätestens seit dem 6. Oktober durch die Netzeitung gekannt haben muss, neben dem Bild des eine Antilopen reissenden Geparden:

Vielmehr entsteht der Eindruck, man wolle jegliche Kritik an der Politik der israelischen Regierung – gerechtfertigt oder nicht – im Keime ersticken und bedient sich hierbei gerne und regelmäßig der Begriffe “antiisraelisch” und “antisemitisch”, welche in Anbetracht der deutschen Geschichte und der „besonderen Verantwortung des deutschen Volkes“ selten ihr Ziel verfehlen: die Angeklagten mundtot zu machen.

Durch diese inakzeptable, da undemokratische und feige Politik diskreditiert sich der Vorstand des Zentralrats der Juden in Deutschland selbst und wird durch sein ständiges Gejammer mehr und mehr als eine Mischung aus Nervensäge und Lachnummer wahrgenommen

Weitere Beispiele für die “liberale Atmosphäre” bei StudiVZ, die “voelkischer-beobachter.de” Ehssan Dariani vermutlich nicht kennt oder vielleicht auch witzig findet, wer weiss das schon bei einem Mann, der eine Frau im Klo filmt und das online stellt, sind Gruppen wie:

Preußens Gloria – Heil dir im Siegerkranz
Preußen lebt!!!!
Adolf Hitler ist mir im Traum erschienen!
Deutsche Patrioten

Und besonders nett, liberal und hilfreich bei Darianis schlussendlicher Forderung, seine Kritiker möchten doch bitte Berlin sicherer für seine multinationale, angeblich “teils jüdische” Belegschaft machen, dürften die 120 Mitglieder dieser Gruppe sein:

Wer den Papst angreift, dem kack ich in den Dönerladen

Da wird Ehssan Dariani wohl einiges zu bereden haben, in Wien bei seinem angeblichen Bekannten, dem angeblich “führenden Vertreter” der angeblichen “Jewish Anti-Defamation League”.

Disclaimer: Ich bin Jude, arbeite u.a. für jüdische Medien – und rede tatsächlich mitunter mit führenden Vertretern der ADL.