Momentan wird ja gerne über die Gefährlichkeit von Bloggern debattiert; Rathergate, Jordangate, Kryptonite, Jamba, man kennt es. Das hier verlinkte Beispiel des Journalisten Eason Jordan soll zeigen, wie das geht: Eine wütende Meute von Bloggern, die sich viel zu schnell für jede Erklärung, jede Entschuldigung oder auch nur für die Sichtung der Fakten zusammenrottet und einfach auf Verdacht hin ein Urteil ausspricht – das ist es, was vielen Medienmachern sauer aufstösst. Zurecht, wie ich meine. Da ist natürlich die Gefahr, dass man einen Unschuldigen erwischt, dass alle eindreschen, ohne sich Gedanken zu machen, und da ist der Weg zum Lynchmob nicht weit.

Nun habe ich in den letzten Tagen für eine Schweizer Zeitung mal versucht, etwas zu finden, von dem mir Dutzende von deutschen Medien Tag für Tag versichern, dass es das gibt: Viel ukrainische Zwangsprostituierte, die dank der erleichterten Visaregelungen nach Deutschland gebracht wurden. Das Ergebnis ist ziemlich eindeutig: Alle, die sich mit der Thematik auskennen, sagen, dass ihnen von einem Zusammenhang nichts bekannt ist. Im Gegenteil, hört man von den Beratungsstellen, kriminelle Schleuser brauchen gerade die illegale Einreise als Druckmittel gegen Zwangsprostituierte, für die sind legale, kurzfristige Touristenvisa uninteressant. Was ich gefunden habe, sind die Fälle einiger Prostituierter, die Touristenvisa genutzt haben, aber die wurden nicht bei der Einreisegezwungen. Einen Anstieg in der Kriminalstatistik gibt es nicht. Tatsächlich rudern einige Medien auch schon wieder zurück: “einige Frauen wurden anscheinend sogar in die Zwangsprostitution gedrängt.” – Anscheinend ist alles andere als das, was in den letzten Wochen gebetsmühlenartig als sicher wiederholt wurde – aber Moment mal, von wem wurde das eigentlich aufgebracht?

Der Mann heisst Hans-Peter Uhl, und als Münchner habe ich diesen meines Erachtens xeno/homophoben Ex-Kreisverwaltungsreferenten noch ziemlich gut in Erinnerung. Uhl ist ein Rechtsausleger. Ich habe ihn ziemlich oft live erleben dürfen, und damals war er allgemein als Panikmacher bekannt. Kurz, Hans-Peter Uhl ist jemand, dem kein Journalist ungeprüft etwas glauben sollte; man würde ja auch auf der anderen Seite kaum den Fischer glauben, die Visaregelung sei grosse Klasse gewesen. Aber was die Leser von Stern, Spiegel, FAZ und bis runter in die Mediengosse erfahren, ist eine Kampagne, in der eine ganze Menschengruppe nur noch im Kontext mit Kriminalität erwähnt wird. Zusammengefasst: Wir haben einen erzreaktionären Stichwortgeber, wir haben Medien, die das aufgreifen und aufblasen, und nach der 100. Wiederholung sagen dann alle das gleiche, weil jeder von jedem abschreibt, SternSpiegelFAZFocusBild werden schon recht haben.

Blogger schiessen vielleicht mal einen Journalisten ab, entlarven eine gefälschte Ad Hoc, ärgern ein paar Abzocker. Aber eine fahrlässige Hetzjagd gegen die Bevölkerung eines anderen Landes durch einen hirnlosen Lynchmob der Medien, in jedem lokalen Schmarrnblatt, bei Kreisen, die nie ein Blog lesen werden, weil ein Rechtsaussen unbewiesene, wahrscheinlich sogar falsche Behauptungen aufstellt? So gesehen ist Journaille abknallen gar nicht so schlecht, sorry Kollegen, wenn ich Euch das so hart sage.