Im Fall der – ich sage Bestechung, die Verantwortlichen eher Bemusterung – von Bloggern mit geschenkten Notebooks im Wert von bis zu 3000 US-$ kamen ein paar Fragen auf. Namentlich interessant ist die nach dem Pressecodex und die Ãœberlegung, ob sich Blogger nicht damit einverstanden erklären sollten, um ein moralisches Dilemma und Belästigung durch die besoffenen Freier im Blogsalon von vorne herein auszuschliessen. Vermutlich wird es noch eine Weile dauern, bis PR-Firmen wie Edelman genug diskreditiert sind, dass sie sich anderen Methoden der Beeinflussung zuwenden. Bis dahin werden wir noch einige Versuche erleben, sich hier draussen einzukaufen. Manche finden das durchaus ok, es ist schliesslich deren Geschäft. Bleibt für die, die das nicht wollen, die Frage, ob sie es mit einer Ãœbernahme des Pressecodex deutlich machen können:

Die Verantwortung der Presse gegenüber der Öffentlichkeit gebietet, dass redaktionelle Veröffentlichungen nicht durch private oder geschäftliche Interessen Dritter oder durch persönliche wirtschaftliche Interessen der Journalistinnen und Journalisten beeinflusst werden. Verleger und Redakteure wehren derartige Versuche ab und achten auf eine klare Trennung zwischen redaktionellem Text und Veröffentlichungen zu werblichen Zwecken.

Die Annahme und Gewährung von Vorteilen jeder Art, die geeignet sein könnten, die Entscheidungsfreiheit von Verlag und Redaktion zu beeinträchtigen, sind mit dem Ansehen, der Unabhängigkeit und der Aufgabe der Presse unvereinbar. Wer sich für die Verbreitung oder Unterdrückung von Nachrichten bestechen lässt, handelt unehrenhaft und berufswidrig.

Das Problem, das ich dabei sehe: Wer sich die real existierenden Rügen des Presserates anschaut, merkt schnell, dass dessen Entscheidungen nur ein nettes Deckmäntelchen sind. Das Bildblog hat ein paar hübsche Fälle dokumentiert. Sprich, das Aufstellen von Codices ist die eine Sache – die andere ist es, sie notfalls auch buchstabengetreu durchzusetzen. Dass genau diese Kontrolle fehlt, macht die Existenz der real existierenden PR und ihrer korrupten Auswüchse in den Journalismus hinein erst möglich. Und es ist einer der zentralen Gründe für den Niedergang des Ansehens des Journalismus. Im Gegenzug ist es wiederum ein Nährboden für das Vertrauen, das heute Bloggern mitunter entgegen gebracht wird.

Ich denke, dass ein Bezug auf den – reichlich diskreditierten – Pressecodex eine sehr defensive Massnahme angesichts des kleinen Problems ist, das die PR darstellt. Nur weil sich in Deutschland bislang ein paar Dutzend mehr oder weniger bekannte Blogger für durchwegs erfolglose PR-Aktionen und Bezahlung im Glasperlenbereich hergegeben haben, ist es kein umfassendes Problem. Es ist fraglos ein wichtiges Thema, weil es um das Selbstverständnis dieses Mediums geht. Und es ist sinnvoll, vorher darüber zu reden, bevor die nächsten PRoleten die nächsten Päckchen fertig machen. Denn spätestens, wenn PRler derartige 3000-Dollar-Geschenke als Bemusterung darstellen und das “richtig und mutig” finden, dürfte klar sein, dass bei denen die Perspektive verschoben hat. Diese Person sieht, auch wenn ihr Kunde inzwischen von dieser Verschenkerei Abstand genommen hat, Blogger als weitläufigen, unregulierten und fragmentierten Markt an, wo sowas prinzipiell in Ordnung geht. Und er sagt das im Wissen, dass der Journalismus derartiges de jure und oft genug de facto ganz klar ablehnen würde und müsste. Vom Spin entkleidet heisst das: Blogger sind für Edelmans selbsternannte Unsittenwächter auch nur auf dem Niveau einladbarer Reisejournalisten, und gerade in Nischen lässt sich was machen. Little Hint: BASF.

Eine Vorwärtsverteidigung, die einen möglichen Generalverdacht und dessen Abwehr auf den nicht betroffenen Blogs überflüssig macht, ist hier vielleicht sinnvoller. Sollten die Käufer von Edelman und die Käuflinge der Blogs recht haben – wie wäre es dann mit einem Verzeichnis, in dem neutral und offen festgehalten wird, wer wofür was getan hat? Name, Blog, Zeitraum, Umfang, Einnahmen, Auftraggeber, Texte, sauber und gewissenhaft notiert und verlinkt. Wenn es kein Problem, kein Skandal und keine Käuflichkeit ist, dürfte da eigentlich keiner was dagegen haben. Ich würde da durchaus klar definierte PR-Blogs rausnehmen, bei denen der Charakter stets offensichtlich ist, und nur die benennen, die in ihren normalen Blogs von PR, Werbung und Marketing für nette Worte geldwerte Gegenleistungen bekommen. Es wäre lediglich ein Akt der Transparanz und eine Win-Win-Situation, die Aussenstehenden verdeutlicht, wie sich der fragliche Blogger gegenüber diesen Angeboten verhält – problematisch vielleicht für manchen Leser, aber andererseits ehrlich und ein Ansatzpunkt für weitere Kunden.

Also, wie wärŽs? Wären die Betroffenen einverstanden? Ich gehe mit gutem Beispiel voran und sage: Ja, die Blogbar war zu Beginn ein offen geführtes Blog zur Promotion des Buches Blogs. Nein, die Beiträge hier wurden nicht bezahlt. Wenn sich andere damit anfreunden könnten, Blogger wie PRler, hätte man das Problem isoliert, die Betroffenen müssten dann nur noch auf ihren Websites auf dieses zentrale Register verweisen, und dann könnten sich alle ein Bild davon machen. Das wäre offen, ehrlich, und müsste eigentlich voll und ganz in deren Interesse sein. Es ist dann die Aufgabe derer, die in diesem Spiel mit tun wollen, und der Rest erspart sich die Erklärung, dass sie nicht so sind. Und wer das nicht will, macht eben ein klar erkennbares Blog zu reinen PR-Zwecken und nennt es eben PRlog. Letztlich ist ein Blog ja nur eine Software, die man für alles mögliche einsetzen kann, PR, iranische Diktatoren, deutsche Neoconazis…

Spass beiseite: Transparenz ist das Letzte, was PR und Blogger in diesem Fall derartig deutlich sehen und betreiben wollten. Weil es in ihrem Fall die Sturzhöhe offensichtlich machen würde. Weil PR, die als solche erkennbar ist, weniger Einfluss hat, und weil die Authentizität eines Bloggers auf einem separat geführten PRlog dort nicht ankommt. Ich denke, das haben die letzten Monate deutlich gezeigt. Sie werden also weiter mauscheln und irgendwie hoffen, dass es keiner mitbekommt. Und andere werden es weiterhin diskutieren. Nachdem der letzte Fall in Amerika eine Bestechungsdebatte zur Folge hatte, kann man sich ab jetzt hierzulande wenigstens die dummen Nichtargumente “typisch deutsch” und “Neiddebatte” schenken.