Ich halte nichts von Blogberatung. Wer in diesem Bereich Beratung braucht, soll einfach die Finger davon lassen. Wer sich mit dem Thema auseinandersetzen will, soll das selbst tun. Wer glaubt, dass man sich einfach so einen Consultant holen kann, und dann wird alles gut, die Blogger werden ihn akzeptieren und jede erdenkliche Scheisse vom viralen Marketing und Contentklau bis zur Stinkebrause von Freunden kolumbianischer Todesschwadronen lieben, kann auf diesem und anderen Blogs nachlesen, wie sowas ausgehen kann. Blogger wissen oft ziemlich gut, wie man gerade die Verbindung von Berater und Beratendem unter Druck setzt. Abgesehen davon: Die Anzahl der durch Berater organisierten, erfolgreichen PR-Blogs ist ziemlich klein, und selbst für das Erkennen dieser Erfolge sollte man meist schon erheblich naturprall sein – bei PR ist das ja weniger ein Problem.

Am Samstag hatte ich ein längeres Telefonat mit einem Industrievertreter, der trotz obiger Thesen und Unterfütterung mit Beispielen nicht davon abzubringen ist, sich eine Art Sicherheitspolster zu schaffen, wenn es um die Frage “Seine Firma und die Blogs” geht. Er suchte einen kompetenten Partner, und als ich ihm meine Meinung sagte – die allermeisten der sich selbst als Berater ausgebenden Personen sind schlichtweg Scharlatane – bemängelte er das Fehlen eines Leitfadens, wer denn nun was taugt. Es sei ja nicht so wie bei der normalen Beratung, dass man einach zu einer der grossen Consultingfirmen gehen und eine gewisse Mindestqualität erwarten kann. Und es stimmt, von aussen ist es extrem schwierig, die guten Leute überhaupt erst mal zu finden und dann zu beurteilen.

Nachdem ich mir hier Gedanken über Empfehlungsbloggen gemacht habe, und keiner damit Probleme hatte, ist es deshalb vielleicht eine gute Idee, hier mal eine Liste derjenigen Personen aufzustellen, die man, wenn man unbedingt will, in Betracht ziehen kann. Leute, die einen echten Gegenwert für das Geld bringen, und einen nicht in das nächste teure Folgeprojekt treiben. Vielleicht habe ich den ein oder anderen guten Berater übersehen, sehr sicher sogar, aber es sind sicher nicht viele, und der Rest ist ahnungslos, rennt einem Hpe hinterher, hat keinerlei Erfahrung, ist Ramsch der New Economy, hat keinerlei Erfolge und Erfahrung vorzuweisen, und so weiter. Disclaimer: Mit manchen bin ich befreundet, andere kann ich persönlich nicht so doll leiden, mit anderen habe ich mich schon gnadenlos gestritten, manche der Genannten können sich auch gegenseitig nicht leiden, aber unabhängig davon, hier sind sie, die wenigen guten, frei erhältlichen Berater – in zufälliger Reihenfolge.

Majo von IT&W. Der Elder Statesman der Blogs. Ist von Anfang an dabei und hat schon viele Leichen den Fluss hinuntertreiben sehen. Hat selbst ein gut laufendes kommerzielles Blog aufgbaut. Bietet zwar keine Beratung explizit an, ist aber Profi genug, wenn die Firma passt, etwas zum Thema zu sagen. Grosses Verständnis für die “Szene”. Wichtig: Reden ist alles, Charts sind nichts. Einen miesen Blogberater erkennt man daran, dass er eine Powerpoint hat. Ein guter Berater berät.

Johnny von Spreeblick. Johnny macht ein kommerzielles Blog und hat trotzdem eine Menge Respekt in der Szene. Weil er ehrlich ist, offen, und sich den Diskussionen stellt. Ich denke, es gibt kaum eine Situation beim Bloggen, die Johnny nicht schon erlebt hat und aus eigener Erahrung schildern kann – inclusive der berüchtigten Sautreiben. Phantastischer freier Redner.

Volker Weber von Vowe. Gilt als sehr geradlinig, ehrlich und direkt. Keiner der lauten Sorte, bringt sehr viel Erfahrung zum Thema mit. Gerade was die technische Seite und dieses ominöse Web2.0 angeht.

Nico Lumma, der Mann mit der m. E. grössten Erfahrung in der Umsetzung von Kundenprojekten. Die zwar nicht immer optimal gelaufen sind, aber angesichts der Awareness in der Blogosphäre sehr sicher durch die (auch hier tobenden) Stürme der Entrüstung gesteuert wurden. Lernfähig, reaktionsschnell, unkompliziert, mit Agentur im Hintergrund und sehr viel Wissen und Vorahnung zur weiteren Entwicklung dieses Blogdings und der Medien.

[EDIT 2: Nachdem die folgende Person aktive Bloggerbestechung mit Notebooks und Software im Wert von 3000 US-Dollar als vertretbare “Bemusterung” ansieht, würde ich heute (1. Januar 2007) eine Zusammenarbeit mit ihm oder seiner Firma Edelman im Bereich von Blogs dezidiert nicht mehr empfehlen. Meines Erachtens hat sich da einiges im Verständnis und im moralischen Gefüge geändert.
[EDIT: Nach diesen Erkenntnissen und dem kompletten Versagen von Edelman in allen erkennbaren Kommunikationsformen würde ich folgende Empfehlung heute nicht mehr so abgeben.]

Wolfgang Lünenbürger-Reidenbach, der Haltungsturner. Ist heute bei Edelman, einer Agentur, die sich in Sachen Blogs als erbärmliche, korrumpierende und damit auffliegende Versagertruppe in der Vergangenheit nicht gerade mit Ruhm bekleckert hat. Dass sie ausserdem den Cluetrain-Weinberger, bekanntlich Verfasser des katastrophalsten Wirtschaftsbuches seit den Tulpenkatalogen der Tulpomanie durch die Lande tingeln lässt, macht die Sache auch nicht besser. Aber, ganz GROSSES ABER: Wolfgang hat die Blogberatung hier in Deutschland selbst aufgebaut und ist damit der Marktführer. Das wäre er nicht, wenn er nicht sehr gut wäre, mit viel Verständnis für die Kundschaft. Offensichtlich ist selbst ein PR-Laden wie Edelman lernfähig. Wenn das kein Erfolg ist.

Patrick Breitenbach, der Werbeblogger. Ein weiterer Fall eines von einer Agentur übernommenen Bloggers, wobei Buena la Vista famose Arbeit in der Würzburger Provinz, fernab des üblichen Metropolengewäschs leistet. Wie der Name schon sagt, kann Patrick viel über alle Arten von Werbung und ihre Chancen und Risiken in Blogs erzählen. Er hat da auch schon so einiges erlebt. Am Anfang fand ich manche seiner Einlassungen etwas blauäugig, inzwischen aber, nach Jahren des Watens im Blut der an den Blogs gescheiterten Koksnasen, ist er wirklich gereift.

Martin Roell. Nochmal einer der ruhigeren Sorte. Ebenfalls mit sehr viel Erfahrung im Umgang mit Blogs und Bloggern. So eine Art Pionier in Deutschland. Am besten bitten, den ganzen Flipchartkrempel, den er beruflich haben muss, wegzulassen und zu erzählen.

Das Energiebündel Robert Basic. Witzig, kompetent, eine Rampensau und ein guter Verkäufer – womit viele Blogger ja eher ein Problem haben. Ich glaube, es gibt keinen Aspekt, von dem Robert keine Ahnung und keine explizite Meinung hat. Eine gute Alternative zum knochentrockenen Buzzword Bullshit Bingo, das andere, weniger gute Berater fabrizieren.

Allen vorgestellten Beratern ist gemein, dass sie eine Menge Reputation bei den Bloggern mitbringen. Es gibt andere, die oft verlinkt werden – aber da sollte man vorsichtig sein, es gibt inzwischen ganze Berge von Marketing-PR-Word-2-Mouth-Guerilla-Startup-Bloggern, die sich gern gegenseitig verlinken, aber ansonsten als Lachnummern gelten. Eine Buchung solcher Gestalten kann durchaus dazu führen, dass man extraschnell ins Kreuzfeuer der Kritik gerät.

Und bei dieser Herbeiführung des Krisenfalles bin ich ganz sicher auch ein kompetenter Berater. Sie wollen Ärger? Immer nur her damit :-). Eine Sache noch: Wer meint, dass ich ihn ungerechterweise vergessen habe, kann sich in den Kommentaren melden. Gerne gebe ich dann meine Beurteilung ab.