oder warum PR-Blogs und die PR-Blogger vollkommen überflüssig sind, wenn man sich des eigenen Gehirns bedient.

Gestern kam ein Artikel in der Werben & Verkaufen über Blogs, der sich mit dem Verhältnis von Blogs und Unternehmen auseinandersetzte, Stichworte Jamba, Sun und die Clique der sattsam bekannten Berater, die das Thema für ihre eigenen Profit gern hypen würde. Ich habe damals im Interview mit w&v ziemlich auf die Bremse getreten, aber wenn so ein Zug mal im Rollen ist, kann man wenig gegen die Dominanz der Geldbrüllaffen und ihre brillianten Theorien tun.

Gestern kam allerdings auch die Praxis in Form eines Onlineshops zu mir. Kleines Unternehmen, hochwertige Produkte für alles, was mit Holzverarbeitung zu tun hat, und gute Preise im umfassenden Sortiment. Und der Emissär des Unternehmens beklagte sich, dass der Verkauf über Ebay ganz gut laufe, nur der Onlineshop an sich wäre eine blanke Katastrophe. Wahrscheinlich, weil er nicht bekannt ist. Ob man das mit einem Blog verbessern könnte – und was sowas kostet?

Wir sind dann erst mal den Shop durchgegangen. Erster Ergebnis: Die aufklappbare Navigation ist die entscheidende Bremse für alle Suchmaschinen. Google findet fast nichts von den Produkten, und dass jemand erst die Firma und dann dort die Produkte sucht, ist eher unwahrscheinlich. Der Pagerank der Seite bei Google liegt bei 2 – und der Emissär wusste nicht mal, was der Pagerank bedeutet. “Existiert für Google nicht”, erklärte ich ihm. Dann ging es weiter zu den Produkten. Irgendwer bei der – laut Referenzen nicht schlechten – Agentur hat die Graphiken mit höchster Auflösung online gestellt. Thumbnails haben schon mal 25 kb, grössere Bilder schnell über 100 kb bei einer Breite von 450 Pixeln. Niemand hat dem Unternehmer bislang gesagt, dass der Shop an sich das Problem ist – jetzt weiss er es, und die Agentur hat hoffentlich einen Kunden weniger.

Trotzdem war da immer noch die Frage eines Blogs. Das Problem: So richtig gut schreiben kann in der kleinen Firma niemand, und der Chef ohnehin ist überarbeitet. Um das Ding für Google attraktiv zu machen, müsste das Blog täglich beliefert werden, aber dazu hat er keine Zeit und eigentlich auch keine Ideen. Er würde das aber eventuell an eine Agentur abgeben. Schöne Vorstellung: Eine der Fingernagellackiererinnen der typischen PR-Agentur schreibt Artikel über hochspezialisierte Holzverarbeitung….

Dabei gäbe es für kompetente Informationen aus dem Bereich durchaus Bedarf – schliesslich wollen die PR-Tanjas ihre Berater-Klausimausis auch mal mit der Restaurierung der verarmten Wohnung beauftragen, neues Laminat auf den Boden auftragen – und Klausimausi, der auch keine Ahnung von jeder Form von handwerklicher Arbeit hat, schaut natürlich im Internet nach. Insofern wäre es nicht dumm, eine Art “Wissensdatenbank” aufzubauen, die erklärt, wie es geht, und welche Werkzeuge man aus dem Onlineshop braucht. Idealerweise stellt man die Werkzeuge in drei Qualitäten/Preisklassen vor, für Ahnungslose, für Amateure und für Profis. Das könnte dann langsam innerhalb einer Blogsoftware und heftig mit den Seiten der Hersteller und des Shops verlinkt aufgebaut werden – warum auch nicht, WordPress ist kostenschonend, und erleichtert die Eingabe von Links. Das hätte dann auch den Vorteil, dass der Kunde, der über Google kommt, zuerst mal die Lösung seines Problems findet, und dann das Werkzeug. Die wenigsten wissen, welche Massaker SSK 666 Kettensäge sie brauchen, und warum die G-METZ 3000 nicht taugt – die klassische Suchanfrage lautet immer noch “Womit zersäge ich das Laminat und wenn Tanja dann immer noch rumzickt, auch Tanja”.

In so einem Umfeld kann es durchaus sinnvoll sein, Texte mit Kundennutzen in einem als Firmenangebot gekennzeichneten “Blog” online zu stellen. Nur: Auch das ist ein ganz alter Hut aus der Steinzeit der E-Commerce-Beratung und hat mit Blogs, dem neuen Hypethema geldgeiler Consultant-Darsteller und Werbefritzen, nichts zu tun. Wenn es gut und kostengünstig gemacht wurde, hat diese Strategie (früher nannte man das schlicht und einfach “Kundenberatung”) schon früher gute Erfolge nach sich gezogen, auch wenn es nicht als Blog bezeichnet wurde. Nur: Gute Inhalte sind teuer, und im Zweifelsfall verschwendet man sein Geld dabei an unerfahrenes Pack, das genauso mies arbeitet wie die Agentur, die man eben wegen erwiesener Inkompetenz gefeuert hat.

Eines sollte man sich dabei auf jeden Fall vor Augen halten: Es gibt im deutschen Sprachraum nur sehr wenige Beispiele für erfolgreiche Blogs mit wirtschaftlichem Interesse. Das hier ist eines davon, und dass ein Autor dieses Blogs dennoch die generelle positive Wirkung von Blogs auf PR und Marketing bestreitet ? das sollte Ihnen zu denken geben.